Zeit, Verantwortung zu übernehmen

Ganz entgegen meines sonst gewohnt-gewöhnlichen Filmkritikerinnen-Daseins zwischen dunklem Kinosaal, stiller Schreibecke und der nächstgelegenen Kaffeezufuhrmöglichkeit habe ich dieses Jahr das Filmfest München völlig anders erlebt. Ich war im Hellen, denn eine Woche saß ich in der Kino-Zeit-Videobox im Gasteig, dem Zentrum des filmischen Vor-Ort-Wahnsinns, und habe eine Menge Interviews geführt.

Der Großteil dieser Interviews hatte folgende Parameter gemeinsam: Es waren stets die RegisseurInnen, mit denen ich sprach, und es handelte sich um neue Beiträge aus dem deutschen Kino. Viele, nicht alle, wurden in der deutschen Reihe uraufgeführt. Viele, nicht alle, waren eindeutig Vertreter von etwas, das ich als politisches Kino bezeichne. Und viele, aber nicht alle, verneinten meine Frage, ob ihr Film ein politischer ist, mal mehr, mal weniger vehement. Am Anfang war ich ein wenig verdutzt. Doch je häufiger ich hörte: „Nein, nein, mein Film ist nicht politisch! Ich will ja nicht predigen oder Leute überzeugen, ich will nur eine Geschichte erzählen“, desto mehr dachte ich, hier stimmt was nicht.