Ich bin, denn wir sind

Da steht Ziki. Ziki mit den bunten Haaren und den großen Augen. Ziki mit den schönen Lippen, über die das süßeste Lächeln huscht, vor allem wenn sie Kena sieht. Ziki und Kena – aus ihnen wird bald etwas werden: eine heimliche, eine erste, große, epische Liebe. Und eine versteckte Beziehung zweier junger Frauen in Kenias Hauptstadt Nairobi. Es ist ein zarter Anfang, der Beginn einer Selbstfindung, die im Verborgenen blüht, auf dem Dach eines rosafarbenen Hochhauses. Hier schwören sie sich, nicht die typischen kenianischen Frauen zu werden, die brav ihre Ehemänner ehren und Kinder großziehen. Hier oben, über der Stadt, sind sie frei: Ziki, die die Welt bereisen will, um allen zu zeigen, was es heißt, eine moderne Afrikanerin zu sein, und Kena, die nicht Krankenschwester werden wird, sondern verdammt nochmal Ärztin.

Aber unter ihnen, verankert auf dem Boden kenianischer Tatsachen, inszeniert Regisseurin Wanuri Kahiu in ihrem Film „Rafiki“ die Realität des gegenwärtigen Kenias. Hier nehmen die Väter der beiden jungen Frauen den Platz auf der Straße und der Öffentlichkeit ein. Die beiden Männer treten gerade im Wahlkampf gegeneinander an und kämpfen darum, wer den Stadtteil regieren wird. Und hier unten sind auch ihre Mütter, die die privaten Räume, die Wohnungen, besetzen und die man sonst nur in der Kirche sieht. Die Aufteilung der Räume in „Rafiki“ macht schnell klar, wie dieser Ort organisiert ist: ganz oben in der Hierarchie steht das Gesetz des Vaters (das psychoanalytische und das christliche), getragen durch die Männer und die Kirche als Phalanx der Macht. Dann kommen die Frauen. Zuerst die älteren, die sich dem Gesetz beugen, es tragen, verteidigen – und die helfen, die jüngeren in die „richtigen“ Bahnen zu lenken.