Berühren(d)

 

Adina Pintilies Touch Me Not ist nicht einfach ein Film. Es ist eine Erfahrung. Und eine so intime und so tiefgründige, dass man das Kino entweder frühzeitig verlässt, weil man die Macht dieser Intimität nicht ertragen kann, oder man bleibt bis zum Ende auf die Gefahr hin, dass man das Werk und die Fragen, die es sich stellt, noch lange mit sich herumtragen wird und diese vielleicht sogar ganz fundamentale Änderungen nach sich ziehen.

Touch Me Not ein besonderes Werk und das gleich aus mehreren Gründen. Zuerst ist da der Aufbau. Der Film ist ein Hybrid aus Film, Theater, Performance. Ein Teil der Erzählung rund um die drei Hauptfiguren Laura (Laura Benson), Tómas (Tómas Lamarquis) und Christian (Christian Bayerlein) ist fiktiv, die anderen Teile bestehen aus dem ehrlichen Zeigen und Ausloten der Leben  und Gefühle der SchauspielerInnen selbst, die hier die Figuren zu gleichen Teilen formen. So spielt Laura nicht Laura. Sie ist Laura, eine Frau in ihren 50ern, die ihre eigenen Fragestellungen, ihren eigenen Körper erforscht, wenn auch mitunter in einer fiktiven Handlung. Doch diese wird immer wieder von performativen oder rituellen Akten unterbrochen, die zusammen mit Menschen verübt werden, die sich darauf spezialisiert haben, anderen zu helfen, ihre Sexualität zu erforschen. Da ist Hanna (Hanna Hofmann), eine trans* Sexarbeiterin, die Laura mit Hilfe von Brahms und ihrer charmanten, offenen Art beibringt sich zu öffnen. Da ist Seani (Seani Love), der ihr mit somatischer Körpertherapie und rituellen Akten einen Weg zu ihrem Körper und ihren Ängsten eröffnet. Diesen Sessions wohnt man als Publikum bei. Sie sind intim, ehrlich und in ihrer Offenheit hebeln sie jegliches Schamgefühl aus und erlauben auch dem Publikum eine Öffnung zu finden, die eine Verbindung zum filmischen Geschehen, aber auch zu sich selbst herstellt.