Ein Experiment von genialster Brutalität

 

Wenn man nach Darren Aronofskys mother! das Kino verlässt, dann wankend in Körper, Geist und Seele. Genau so fühlt es sich an, wenn ein Film wie eine Waffe benutzt wird, die sich gegen das Publikum richtet und gleichzeitig da ist, um seine heilige menschliche Integrität zu beschützen. Wahrlich, mother! ist eine Schrotflinte, deren Munition einem direkt ins Gesicht geschossen wird und deren Blei vorher in existenzialistische Säure ganzer Philosophengenerationen getaucht wurde, damit sie sich durch das Fleisch frisst, durch die Muskeln und Sehnen, das Fett und die Blutgefäße, bis es da ankommt, wo Aronofsky es haben will: im Kopf, im Herzen und tief, tief in den Eingeweiden.

Im Gewand eines Psychothrillers schleicht sich Aronofsky mit seiner Flinte an. Doch schon der Titel zeigt, dass hier etwas anderes passiert. Das Ausrufezeichen hinter mother ist es, das schon von Anfang an eine Markierung setzt, dass dieser Film nicht das ist, was seine Synopsis glauben macht. Und so beginnt auch der Film mit einer weiteren Markierung. Das zerschlagene Gesicht einer jungen Frau geht in Flammen auf, nachdem es noch eine letzte Träne geweint hat. Dann ein anderes Gesicht. Ein männliches, welches einen Kristall auf einen silbernen Ständer setzt und plötzlich, als würde die Zeit rückwärts laufen, ist alles, was in Flammen aufging repariert und geheilt. Das große Haus baut sich wieder auf. Die Küche, die Zimmer, die Bäder bis hin zum Schlafzimmer, in dem SIE (Jennifer Lawrence, deren Filmrolle wie alle anderen keinen Eigennamen hat) liegt und schläft. Als sie erwacht, sucht sie jemanden. Doch sie ist allein, das Haus groß, unheimlich. Es knarrt und knarzt, es hat ein Eigenleben. Aber eben nicht im Sinne alter Geister, die in Ecken lauern. Das Haus lebt. Sie macht es lebendig. Seit Monaten, vielleicht Jahren baut sie es ganz allein wieder auf. Sie spachtelt die Wände, sie baut, sie putzt, richtet ein. Sie baut ein Haus, ein Zuhause. Für sich und vor allem für IHN, den Dichter (Javier Bardem), der, nachdem sein ganzes Leben in Flammen aufging, nicht mehr schreiben kann. Ihm fehlt die Inspiration, sagt er. Sie gibt ihm derweil alle Liebe, alle Fürsorge und einen sicheren Ort in ihrem gemeinsamen Haus.